Prosagedichte Fotografien
(Qumran Verlag)
Ein Zuschauen, sich Einfühlen: in die Lust an unsicheren Verhältnissen, in die Schönheit der Überlebenskünstler. Ihr Zugang zur Welt findet in diesen Gedichten einen Ausdruck. Es sind die zornigen „Weißglutsprecherinnen“, die Rebellinen, die hier sprechen. Die „Tausend und eine Nacht“-Träumer, die Nachts benommen in den Frankfurter Bars herumhängen, die „Mütter der Töchter“, deren Revolten ihnen im Hals stecken geblieben sind. Und es sind die Tage und Wochen in Nordafrika: „In Paris träumen die Menschen von Casablanca, und in Casablanca träumen sie von Paris.“
Der Hafen. Algeciras.
Von hier aus setzen die Schiffe über. Ein Ort, flachgetreten, weggeworfen und hinter sich gelassen. Die Zivilisation verliert den Kopf, die Natur, schön verwüstet, stapelt Geranien und schwarze Mitternachten. Afrika schickt Vögel herüber und legt Staub auf die Treppen.
Die Kellner haben von den Gästen gelernt. Die Bewegungen des Weitergehens und den Gebrauch von wasserfesten Armbanduhren. Für die Männer ist gesorgt. Der weibliche Körper ist überfüttert und bildet einen Mutterschoss. Man ist hier von Natur aus hässlich oder schön, auch die Reichen haben keine grössere Auswahl.
Ich beeile mich an den Türen der Barbiere. Ihre Tangoschädel haben keine Menschengestalt. Nachts schlafe ich schlecht, weil das Meer nicht aufhört, gigantisch zu sein.
Stimmen
Man ist gefangen von dem Reiz einer voyeuristischen Verschwörung. Die Klischees räumen den Platz für die Originale. (Ludmilla Vuh, Pflasterstrand)
Die Sprache wird zum Kameraauge, unter deren Blick das Leben totenähnlich erstarrt. Eine Montage der messerscharfen Schnitte. Frankfurt, Berlin, Wien, Südfrankreich, Spanien, Nordafrika. Das sind die Schauplätze. Ein Schreiben, vom „Rande der Wörter aus“. (Uwe Schweikert, Frankfurter Rundschau)
Eine Sprache wie ein nervöses Herz. Es folgt nun ein gewagter Vergleich, sie und die Stimme der Callas sind für mich von der gleichen dialektischen Poesie: Sie zeichnet sich durch eine messerscharfe Präzision aus, die gleichzeitig das Gefühl chaotischer Leidenschaftlichkeit vermittelt. (Barbara Freier, Süddeutsche Zeitung)
Gedichte, die sich auf Ränder und Risse richten. „Lieber in Trümmern leben, als in Träumen“, heisst es einmal. Diese Bilder erzeugen, sie stellen Fremdheit her. Wie leichtsinnig, in sie einzudringen! Bilder von Welträndern, von stockender Bewegung. (Christoph Neidhart, Basler Zeitung)