(NDR, BR, 1992)
Hörspiel des Jahres (Deutsche Akademie der Darstellenden Künste. Frankfurt)
Regie: Hans-Gerd Krogmann. Sprecher: Christa Berndl, Fritz Lichtenhahn, Gerd Haucke
(Aus der Begründung der Jury) Gisela von Wysockis Hörspiel ist unter den 150 Produktionen des Jahres 1992 das literarisch komplexeste und kunstvollste Werk. Die sprachgewaltige Dichterin hat mit Einfallsreichtum die einzigartigen Möglichkeiten des Hörspiels genutzt, bis alle Gewissheit verloren geht und erhellendes Lachen an ihre Stelle tritt.
Frau Sesselmann wird den Gedanken an einen in der Wüste mit Messungen beschäftigten Erdbebenforscher nicht los. Er beunruhigt sie mit lästigen und sinnlosen Katastrophenmeldungen. Und es ist ja auch keineswegs nur der Erdbebenforscher, sondern auch noch der Gelehrte Dr. Schaffner, der sich wichtig macht. Mit skurrilen Argumenten weist er die Möglichkeit von sich, es könnte überhaupt je zu irgendeiner Form der Beunruhigung kommen. Alles das fügt sich einer unerwartet stimmigen Dramaturgie.
Sieht wie eine Wüste aus sehr weißes Licht und Sand nicht einmal eine Unkrautpflanze könnte sich hier kümmerlich durchbringen aber trotzdem kniet dort dieser Mann vor seinem Apparat damit beschäftigt Zahlen abzulesen jetzt überträgt er sie in ein kleines Buch Berechnungen Aufstellungen Ergebnisse von keiner Menschenseele beachtet außer von mir wenn man das überhaupt so nennen kann die ich währenddessen tief schlafend Rückenlage das linke Bein leicht angewinkelt in meinem Bett zubringe unter einer Daunendecke während draußen die ersten Autos des einsetzenden Berufsverkehrs zu hören sind
Stimmen
Im abgedunkelten Theater am Turm konnte sich das Publikum in Dunkelkammern des Bewußtseins versetzen, wie Gisela von Wysocki sie liebt. Ihr bestürzend komisches Radiostück „Der Erdbebenforscher“ ging aus einem aufwendigen Wettbewerb von rund 150 Beiträgen siegreich hervor. Gerade aus den visuellen Defiziten zieht die Autorin ästhetischen Gewinn, indem sie den Blick nach innen lenkt zu unterschwelligen Wünschen und Bedrohungen. Wie die wache Ironie der Autorin schläfrige Gedankenströme und Gefühlsfluten sondiert, amüsierte die