Gisela von Wysocki

DAS DENKEN IST SELBST EIN LEBEN

(HR 2018)

Wiesengrund antworten

Regie: Ulrich Lampen. Sprecher: Sophie Rois, Barbara Nüsse, Wolfgang Pregler

Im „Nachtsstudio“ hört Hanna Werbezirk, eine Salzburger Schülerin, die Vortragsfolge eines Autors, dessen Namen sie sich merken wird. Wiesengrund. Das Gefühl einer Komplizenschaft mit dem radiophonen Mitternachtsbesucher macht aus der Lektüre seiner Schriften ein von Herzklopfen begleitetes Abenteuer. Es führt sie nach Frankfurt am Main, wo sie mit dem Studium der Philosophie beginnt. Die Szenenfolge erfaßt das Leben in einer grotesk zusammengesetzten Wohngemeinschaft, die politischen Turbulenzen der Zeit, vor allem aber die Begegnungen mit Theodor W. Adorno, dessen wiederkehrende Frage, „Wie geht es Ihnen“, sie in Verlegenheit bringen. Sodaß sie auf die Idee kommt, sich in imaginierten Dialogen mit ihm auszutauschen.

Dann plötzlich wusste ich es, es waren Ihre Pupillen. Schild. Deckung. Befestigungsanlage. Zwei dunkle, von Weiß umgebene Kugeln. Nicht irgendwelche Pupillen, sondern kristallin. Durchgreifende, tatkräftige Gerätschaften. „Mich könnt ihr nicht beeindrucken“, sagten die Pupillen und wappneten sich für die in Sprüngen und Sturzbewegungen verwickelten Gedanken. Für das stürmische Innenleben eines Kopfes, der im Minutentakt dem bedenklich vornehmen, dezent verwaschenen und auf leisen Sohlen seine Runden drehenden Wort „Philosophie“ zu einer bestürzend unvermuteten, abenteuerlich neuen Wirklichkeit verhalf.

Stimmen

Es überwiegen die Erzählpassagen, in denen die Protagonistin ein rasantes Tempo vorlegt, etwa in ihren Annäherungen an den Meisterdenker Adorno mit all ihren kleinen Tücken. Etwa die unüberbrückbare Schwierigkeit, auf eine von ihm formulierte Alltagsfrage zu antworten: die Frage, „Wie geht es Ihnen?“(Peter Liermann, HR2 Kultur)